Worum geht´s ?
Ich habe mir in den Kopf gesetzt, meine erste eigene Muffe zu bauen.
Wer hofft, hier schnell Bilder des fertigen Endproduktes zu sehen, wird enttäuscht werden.
Ich würde hier gerne den kompletten Weg zur eigenen Muffe dokumentieren, d.h. angefangen bei von mir verwendeter Literatur und Grundlagenrecherche, über die Festlegung der Geometrie, Einkauf von Material, Hilfsmittel, Werkzeuge, Handwerkstechniken beim Bau usw. bis am Ende hoffentlich mal ein komplettes Fahrrad da steht (wenn alles gut geht).
Ich stehe noch ganz am Anfang. Das ganze ist für mich Neuland und es gibt viel zu lernen und zu tun, bevor die erste Muffe die Flamme zu spüren bekommt. Also bitte Geduld….
So ging es los / Grundlagen / Geometrie:
Die „Wild Lily“ wird ein fixed gear Rad, die Geometrie soll irgendwo zwischen einem Bahnradrahmen und einem Straßenrenner liegen. (Namensgebend waren die ausgewählten Muffen: fleur-de-lys –> Lilien)
Als erstes habe ich mich von meiner Frau vermessen lassen. Grundlegende Methoden zur Vermessung sind im Netz zahlreich beschrieben, es gibt diverse „fit calculators“, die die nötigen Maße abfragen.
Zum Erlernen der Grundlagen fand ich
„Praxisorientierte Rahmenhöhen- und
Positionsermittlung am Beispiel des Rennrades“
von Markus Brüx sehr hilfreich (Trainerausbildung Radsport, über google zu finden).
Aus meinen Körpermaßen habe ich meine Rahmenmaße errechnet und mit diversen käuflichen Bahnrad- / Fixie- / Triathlon- und Rennradrahmen verglichen.
Mit Hilfe des großartigen freeware Programms „rattle-CAD“ habe ich dann nach und nach die Geometrie der „wild Lilly“ festgelegt. Die später verwendeten Muffen müssen hier schon im Hinterkopf mitbedacht werden, weil sie die Winkel am Rahmen bis auf ca. +-1° vorgeben und man so konstruieren muss, dass man die angestrebten Maße mit den vorgegebenen Winkeln erreicht.
So soll der Rahmen mal aussehen:
Materialeinkauf:
Es gibt diverse Händler, bei denen man Rohre, Rohrsätze und Muffen sowie Zubehör bekommt.
Einige, bei denen ich mich umgesehen habe, sind z.B.:
http://www.reset-racing.de/
http://www.ceeway.com/
http://www.cycle-frames.com/bicycle-fra ... g/home.php
Ein sehr umfangreiches Sortiment und einen seit Jahren sehr guten Ruf hat ceeway.
Peter von ceeway war sehr freundlich, die Beratung per mail war sehr kompetent und hilfreich, die Antworten kamen sehr schnell und stets mit großer Geduld.
(was bei Fragen eines firsttime Rahmenbauers vermutlich nicht immer leicht war)
Peter hat meine Zusammenstellung an Muffen und Rohren auch noch mal auf Plausibilität geprüft. Das war auch gut, denn bei den Kettenstreben hatte ich einen Typ gewählt, der nicht in die Lagerdose gepasst hätte. Sowas passiert bei dem Haufen an Teilen, Maßen und Winkel bei einem Anfänger leicht.
Ich finde die Optik von polierten Edelstahlmuffen zwar super (und sie kosten auch nicht mehr, als die Stahlmuffen), aber Edelstahl muss zwingend mit Silberlot gelötet werden. Das wollte ich nicht. Zum einen ist Silberlot teurer als Messinglot (was bei so einem Projekt aber auch nicht wirklich übergroße Anteile ausmacht), zum anderen (und das war der wichtigere Punkt) habe ich mit Messinglot schon einiges gelötet und möchte daher lieber mit ansatzweise bekannter Vorgehensweise an den Rahmen gehen (Temperaturen, Glühfarben, Vorheizen etc.)
Also habe ich folgendes bestellt (in den kommenden Tagen sollte die Lieferung eintreffen):
Rahmenmuffen, Lagerdose und Gabelkrone:
+ Rohre von Dedaccaia "double butted"
Vorbau Muffen:
Der Stahl-Muffensatz für den Vorbau hat noch nicht die Verzierungen wie die Rahmen-Muffen (war mit Verzierungen nur in Edelstahl auf Lager). Also habe ich zusätzliche fleur de lys Lötteile für Flaschenhalterungen bestellt und werden Teile davon an die Vorbaumuffen ansetzen, um sie den anderen Muffen anzugleichen.
Ausfallenden für die Gabel und für Hinten möchte ich selber machen.
Hinten wird eine Gewindestange in Richtung der Kettenstrebe im Ausfallende eingebaut. Diese kann dann mit einer Rändelmutter nach hinten gespindelt werden.
Man kann so sehr feinfühlig die Kettenspannung einstellen und es wird ausgeschlossen, dass das Rad bei harten Antritten und beim Skidden nicht nach vorne rutscht. Zur Sicherung / Konterung der Rändelmutter wird von unten eine Klemm-Made oder eine Feder mit Keil eingelassen.
Im Bereich der Achsklemmung wird rostfrier Stahl aufgelötet.
Das Ausfallende soll das fleur de lys Motto der Muffen aufgreifen und mal so aussehen:
Die Tretlagerdose werde ich von unten in gleicher Art und Weise mit der Feile bearbeiten:
Zusätzlich zu den Teilen für den Rahmensatz habe ich noch einige billige Pressmuffen und Rohrstücke bestellt, um Erfahrungen beim Muffen-Löten zu sammeln und durch Aufschneiden der Verbindungen zu prüfen, ob ich das Lot auch richtig bis in alle Ecke kriege.
Rahmenbau:
Tja, wo fängt man an, wenn man bei 0 steht ? Ich hab zunächst mal nächtelang Bilder gegoogelt und bin bei diversen websites und blogs von Rahmenbauern gelandet. Aus diesen Bildern kann man schon einige Ideen ziehen.
http://www.vogel-rahmenbau.de/
http://www.marschall-framework.de/
http://www.wiesmann-bikes.de/
http://www.flickr.com/photos/22538785@N ... 385798453/
http://www.truenorthcycles.com
http://www.summersettbikes.com/buildsequence.htm
http://stanridgespeed.blogspot.com/
Das sind nur wenige Beispiele, die Favoritenliste ist zu lang...
Dann gibt es vereinzelte threads in deutschen Foren zum Thema Rahmenbau.
(u.a. mit Antworten von Ulrich Vogel selbst). Insgesamt hab ich aber recht wenig auf deutsch-sprachigen websites gefunden.
Die Informationsmenge aus Übersee ist erheblich größer.
Als meine beiden größten Informations-Quellen sind zu nennen:
DAS Rahmenbau-Forum schlechthin:
http://www.frameforum.org/portal/
Und ein schon in der freeware Version unglaublich ausführliches Manual:
„The Paterek Manual – For bicycle framebuilders – supplemented Version”
von Tim Paterek. Im Netz als pdf zu finden.
http://www.timpaterek.com/tpmanual_pdf.htm
Nicht zu vergessen:
Eine gute Inspiration für Hilfswerkzeuge (z.B. auffinden der Rohrwandungsverjüngung etc.) und ein absolut cool gemachtes Filmchen - Soulcraft / Sean Walling:
http://vimeo.com/18969652
(bei den Aufnahmen der Werkstatt und der Maschinen schlägt mein Herz höher
) Jetzt geht es aber endlich vom Reißbrett in die Werkstatt.
Erste Amtshandlungen sind Materialbeschaffung und Bau diverser Hilfskonstruktionen wie Rahmenlehre, Richtplatte, Halterungen und Werkzeuge.
Da eine echte Richtplatte extrem teuer ist, habe ich mich nach brauchbaren und günstigen Alternativen umgesehen. Geschliffene Steinplatten sind immer eine gute Wahl, weil das großflächige maschinelle Schleifen / Polieren eine recht ebene Fläche sicherstellt. Heiße Kandidaten sind stabile Tischplatten aus Marmor, Granit etc., alte Grabsteine, Fensterbankabdeckungen etc.
Ich habe mir aus den Kleinanzeigen zwei Mamor - Küchenarbeitsplatten besorgt.
Die größere wird als Vermessungs- und Richtplatte dienen.
Die kleinere soll als Grundträgerplatte für die Rahmenlehre dienen und wird um diverse Stahlhalterungen und Klemmen ergänzt. Habe beide Platten soeben in den Keller geschleppt.
Wenn ich die ersten Fortschritte beim Werkzeugbau mache, geht´s weiter.
Aber: Alles sehr langsam. Ich fange zwar so langsam mit dem Projekt an, hauptsächlich soll das aber eine Winterbeschäftigung werden. Im Sommer fahr ich jetzt lieber mit den Räder, statt im Keller welche zu bauen.
das wird quirlig!(Radstand ist ja kürzer als bei meinem DIRT-Bike.. 
)
Ich glaube auch das Du das perfekt umsetzen wirst. Ich hatte mir vor über 20 Jahren mal ein Rahmenbau Buch gekauft. Ist in deutsch und von einem (verstorben) Fahrrad-Crack. Ich komm nur nicht auf den Namen. Könnte ich morgen aber mal nachsehen und Dir auch gerne leihen.
Ich bin sehr gespannt und werde das verfolgen. 
